Warum reitest Du?

Diese Frage hat mir eine meiner Schülerinnen vor kurzem gestellt. Nicht ganz so auf mich bezogen, sondern allgemeiner: Was sind die Motive, die uns zum Reiten bewegen? Warum ist es unser Hobby? Geld verdienen die meisten damit ja nicht. Im Gegenteil, sie geben es aus. In ziemlichen Mengen ?, wie wir Reiter wissen.

Ich auf jeden Fall habe mir diese „Warum -Frage“ immer wieder mal gestellt: Warum um alles in der Welt mache ich das? Warum gehe ich abends, wenn die Kinder endlich schlafen, reiten anstatt mich gemütlich auf die Couch zu setzen? Wieso quäle ich mich im Winter bei -20 Grad in den Stall, um dann dort nur Schritt reiten zu können, weil nach den 10 Minuten Schritt meine Zehen und Finger trotz 2 Paar Handschuhen so steif sind, dass an antraben gar nicht zu denken ist? Warum fände ich Urlaub mit Pferd eine tolle Sache, auch wenn ich dann wegen des Pferdeanhängers eine maximale Reisegeschwindigkeit von 100 km/h hätte?

Sicher kannst auch Du diese Liste endlos mit Beispielen füllen. Beispiele bei denen jeder mit „gesundem Menschenverstand“ den Kopf schüttelt und fragt: Warum um alles in der Welt machst Du das???

Auf der einen Seite bin ich fest der Meinung, dass man nicht immer alles rational begründen können muss. Daher an dieser Stelle einfach mal die Gegenfrage: wie sinnvoll ist es, wenn 22 erwachsene Männer über 90 Minuten einem Ball hinterherjagen? Was findet das Nachbarskind am Klavierspielen so toll, dass es täglich freiwillig übt? Wieso werden Menschen freiwillig Stadtführer, um dann in ihrer Freizeit Touristengruppen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zu begleiten? Du siehst, auch diese Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Nun bist Du aber keine Fußballerin, keine Klavierspielerin und keine Stadtführerin. Deren Motive sind Dir relativ egal und Du denkst dann vielleicht genau wie ich: „jedem Tierchen seine Pläsierchen“. Aber Du bist Reiterin. Und vielleicht willst Du die Frage, auf der anderen Seite, ja ganz gerne beantworten können. So zumindest geht es mir. Drum war ich vor einigen Jahren begeistert, als ich die entsprechenden Antworten in einer Studie gefunden habe.

Was also ist es, das Reiter von Nicht-Reitern unterschiedet? Welche Motive treiben Dich als Reiterin an?

Auf das genaue Studiendesign werde ich hier nicht weiter eingehen, sondern die Ergebnisse unten einfach verlinken. Das was man zum Verständnis trotzdem wissen sollte: über 400 Reiter wurden in der Untersuchung mit über 400 ähnlichen (Alter, Geschlecht, Einkommen etc.) Nichtreitern verglichen.

Dabei kam raus, dass sich die beiden Gruppen in manchen Eigenschaften wirklich bedeutsam von einander unterschieden. Was also möchtest Du als „die Reiter“? Warum verbringst Du Deine Zeit lieber mit Pferden als mit etwas anderem?

Naturverbunden

Du bist eindeutig lieber draußen in der Natur als deine Vergleichsgruppe. Ok. Das ist nun irgendwie noch nicht so dolle neu und aufschlussreich. Um das zu wissen muss ich mir nur meinen nichtreitenden Partner anschauen, der sich am liebsten immer in 4 Wänden aufhält. Aber es geht durchaus spannender weiter.

Empathisch

Du verfügst über ein großes Einfühlungsvermögen. Du bist sensibel und nimmst Signale der Körpersprache bei anderen Lebewesen feinfühlig war. Wenn Du Dich also mit Pferden beschäftigst tust, Du etwas, das Dir selbst sehr liegt.

Gesellig

Auch wenn Reiten zu den Individualsportarten wie Tennis oder Golf zählt, mindestens einen weiteren Teamplayer braucht es dazu: das Pferd. Und auch ansonsten bist Du als Reiter ein eher geselliger Mensch. Dies drückt sich eindeutig dadurch aus, dass Du Dich gerne mit Stallkolleginnen unterhältst, ihr zusammen ausreitet und Euch nach dem Sport auch immer wieder mal im Reiterstübchen trefft. Außerdem hat die Studie gezeigt, dass Du als Reiter überdurchschnittlich in Vereinen organisiert bist. Die Gemeinschaft mit anderen, sowohl Mensch als auch Tier, gehört also als eine weiteres Motiv in die Sammlung, die Dich in den Stall treibt.

Verantwortungsbewusst

Es liegt in Deiner Natur verantwortungsbewusst und belastbar zu sein. Deshalb kümmerst Du Dich auch bei eisiger Kälte um das Pferd. Oder aber im Sommer, wenn alle anderen lieber bei 30 Grad im Schatten im Bad liegen. Es ist eben dann nicht die Frage, ob Du dazu Lust hast, sondern es gehört einfach zu Dir, die Dinge die getan werden müssen auch zu tun. Auch wenn anderes vielleicht gerade bequemer wäre. Und es motiviert Dich, dieses Verantwortungsbewusstsein auch zu leben. Auf Dich kann man sich verlassen.

Zielstrebig

Bei der Arbeit bist Du dafür bekannt sehr strukturiert und zielstrebig vorzugehen? Na klar! Ohne diese Eigenschaft würdest Du ja Dein Pensum an Aufgaben, inklusive Pferd nach Feierabend, auch überhaupt nicht schaffen. Es macht Dir Spaß Dinge „zu wupen“ und auch wenn mal etwas nicht wie geplant läuft erfolgreich zu Ende zu bringen. Und das was Dir dabei bei der Arbeit Spaß macht ist auch etwas, das Du im Stall super hinkriegst. Es ist eine innere Antriebskraft für Dich. An den Schmied denken, die regelmäßige Impfung nicht vergessen, Dir überlegen ob heute longieren oder reiten besser für den Muskelaufbau Deines Pferdes ist, einen Saisonplan erstellen, etc. All das sind Dinge, die Dir liegen. Reiten fördert und fordert diese Eigenschaften.

Führungsstark

Physisch betrachtet: Wer ist stärker? Dein Pferd oder Du? Klare Antwort: Dein Pferd, denn es wiegt ca. 9 x soviel wie Du. Und wer ist bei Euch beiden derjenige, der die Richtung vorgibt? Auch hier sollte die Antwort für Dich klar sein (hoffe ich ?!): Du.

Du bist in Eurer kleinen Herde die Leitstute. Dein Pferd vertraut Dir. Es folgt Dir. Lässt sich von Dir führen. Auch das ist eine Eigenschaft, die Dir als Reiterin häufig besonders liegt. Verantwortung übernehmen und die Richtung vorgeben. Nicht aufgrund von Stärke und Macht oder per definiertem Amt. Sondern weil Dein Pferd oder auch andere Lebewesen merken, dass sie Dir vertrauen können. Und somit ist auch die Führungsstärke eine Fähigkeit, die Dir Motivation gibt.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Reiten dazu führt, dass Du die in Dir liegenden Eigenschaften (Naturverbundenheit, Empathie, Geselligkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zielstrebigkeit und Führungsstärke) ausleben kannst. Die Beschäftigung mit dem Pferd führt dazu, dass Du diese Eigenschaften zur Geltung bringen und weiter verbessern kannst. Es erfüllt Dich und deshalb reitest Du.

Auf mich treffen die Studienergebnisse zu. Und wie sieht es bei Dir aus? Welche ergänzenden oder andere Motivatoren hast Du? Ich bin gespannt auf Deine Kommentare!

Hier nochmal für Dich die original Studienergebnisse.

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2 Kommentare

  1. Robert Fischer

    Hallo!

    Erstmal danke für den spannenden Bericht!

    Die genannten Motive bringen es doch schonmal gut auf den Punkt. Man kann diese Aspekte aber auch als eine Art Wertvorstellung betrachten. Werte für die wir als Reiter einstehen. Dies ist umso wichtiger in der heutigen Gesellschaft, die wir mir scheint, eben kaum solche Vorstellungen mehr kennt. Ich sage das sicher nicht um mich abzuheben oder so, aber wer sich intensiv mit Pferden beschäftigt setzt Akzente und Prioritäten einfach anders.

    Ich selber hatte bis vor einigen Jahren noch keinerlei Erfahrung mit dem Wesen Pferd. Zwar wollte ich als Kind schon mit dem Reiten anfangen, aber ich konnte mich nie dazu durchringen. Es hies damals nur: „Haha Frauensport!“ und ich widmete mich anderen Dingen zu.
    Dann vor mittlerweile 5 Jahren, hatte ich die Gelegenheit eine gute Freundin und ihr Pferd im Stall zu besuchen. Von da an liesen mich diese Pferde nie mehr los. Ich bekamm auf meinen Geburtstag Reitstunden für Anfänger geschenkt, wo ich meine Chance packte. Die Welt der Pferde hatte mich da schon voll in ihren Bann gezogen.

    Es hat sich seither sehr vieles zum Positiven gewendet bei mir. Ich entwickelte eine Leidenschaft, Selbstvertrauen, Disziplin, Willen und Motivation die ich vorher niemals kannte und auch nicht für machbar hielt. Dies soll aber keineswegs als arrogant wahrgenommen werden sondern als Zeichen gelten, wie sehr das Reiten und allgemein die Arbeit mit dem Pferd die eigene Einstellung und Sichtweise ändern kann. Auch wenn ich noch alles andere als passabel reite, werde ich weiterhin hart an mir arbeiten. 🙂

    Es gibt schlussendlich so viele positive Aspekte an diesem wahrlich faszinierenden Hobby, dass ich einfach nur sagen kann: Ich reite weil es mir gut tut. Völlig egal was andere denken. Sie werden diese wertvollen Erlebnisse und Erfahrungen nie machen.

    Alles Gute und beste Grüsse aus der Schweiz.
    Robert Fischer

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